Foto-Blog

Über diesen Blog

In diesem Blog möchte ich regelmäßig Themen vorstellen, die für meine Arbeit als Naturfotograf wichtig sind, wie zum Beispiel Erfahrungen mit meiner Ausrüstung, mein Vorgehen bei der Suche nach Fotoobjekten oder Fragen der Aufnahmetechnik, der Bildgestaltung und der Bildbearbeitung. Bei Rückfragen könnt ihr mir gerne ein Email schicken. Ich wünsche nun viel Spaß beim Lesen.

Bisherige Blogbeiträge

01/2022: Canon RF 24-240 mm: Alleskönner oder Glasscherbe?

02/2022: Projekt Wasseramsel

Projekt Wasseramsel

Seit vielen Jahren betreibe ich ganzjährig eine Vogelfütterung, an der ich bislang 20 verschiedene Vogelarten beobachten konnte und die mir zahlreiche Aufnahmen ermöglichte, die ohne Fütterung („authentic wild“) nur sehr schwer möglich gewesen wären. Auch wenn der Ansitz an der Fütterung keinesfalls eine regelmäßige Beobachtung seltenerer Vogelarten und/oder gute Fotos garantiert (hierzu ist durchaus Ausdauer erforderlich), hat natürlich die „Fotografie in der Wildnis“ ihren ganz besonderen Reiz, denn der Erfolg ist doch um einiges ungewisser. An einem meiner „Hausbäche“ im Schwarzwald, an dem ich über Jahre hinweg nur Landschaftsaufnahmen gemacht hatte, begegnete ich immer wieder Wasseramseln, die in pfeilschnellem Flug an mir vorbeizischten. Irgendwann entstand der Wunsch, mich mit diesen faszinierenden Vögeln näher zu beschäftigen, und so zog ich nun mal nicht mit Zoomobjektiven und Makro los, sondern mit dem schweren 500er Tele, Konvertern und Tarnzelt.

Beifänge

Zunächst ließen sich bei meinen Ansitzen jedoch entweder keine Wasseramselen blicken oder sie erschienen, wenn ich mit zusammengepackter Ausrüstung schon wieder auf dem Weg zurück zum Auto war. Zum Trost tauchten dann aber plötzlich Gebirgsstelzen auf, mit denen ich überhaupt nicht gerechnet hatte. Mit ihrem langen Schwanz und der prächtig gelb gefiederten Bauchseite sind sie nicht zu verwechseln. Auf der Suche nach Larven und Insekten in den seichteren Bereichen des Baches ließen sie sich leicht fotografieren, und ich vergaß darüber sogar, dass ich eigentlich hinter Wasseramseln her war. Besonders faszinierend wurde es, als die Jungvögel flügge geworden waren und von den Eltern auf den dick bemoosten Steinen gefüttert wurden. Berührend war auch, wie sich ein Jungvogel in vielleicht 10 Meter Entfernung auf einen Ast setzte, sein Gefieder putze und anschließend ein Nickerchen machte. Auch unerwartete Aufnahmen einer Misteldrossel und eines Zaunkönigs ließen die anfängliche Enttäuschung vergessen.

Adulte Gebirgsstelze Um Futter bettelnder Jungvogel

Gerbirgsstelzen bei der Fütterung

Junge Gebirgsstelze bei der Gefiederpflege

Misteldrossel Zaunkönig



Strategiewechsel und Erfolge

Trotzdem fragte ich mich natürlich, was ich in Bezug auf die Wasseramseln falsch machte. Ich glaube nicht, dass ich zu unvorsichtig war, denn dann hätten sie sich ja nicht wie zum Spott auf meinem Weg zurück in den schönsten Posen präsentiert. Ich beschloss jedenfalls, das Projekt mit mehr Ruhe anzugehen, tauschte das Tarnzelt gegen einen Tarnanzug, das 500er Tele gegen ein leichtes Telezoom und Fernglas und pirschte in einiger Entfernung den Bachlauf langsam auf und ab, mehr verharrend und beobachtend als gehend. Mit der Zeit stellte ich fest, dass die Vögel zur Nahrungssuche oder zum Einsammeln von Nistmaterial gerne an denselben Ort zurückkehrten; je nach Wasserstand und Strömung konnte dieser Ort aber von Tag zu Tag wechseln. Und siehe da, irgendwann klappte es. Auch wenn die ersten Bilder richtig lausig waren (Vogel direkt von oben, viel zu unruhiges Umfeld etc.), war meine Freude groß. Zwischendurch kam es zwar immer wieder zu längeren Durststrecken, aber im Lauf der Zeit entstanden doch akzeptable Aufnahmen. Selbstverständlich verhielt ich mich so vorsichtig wie nur möglich, um die Vögel nicht zu beunruhigen. Wichtig war mir, typische Verhaltensweisen der Vögel in ihrem Lebensraum abzubilden: auf der Suche nach Futter, beim Sammeln von Nistmaterial, beim Singen, und schließlich, als ganz besonderes Erfolgserlebnis, bei der Balz.

Erstes, missglücktes Bild einer Wasseramsel Schon etwas besser So kann's weitergehen


Wasseramseln in ihrem typischen Lebensraum


Zu den Sangeskünstlern in der Vogelwelt zählen sie nicht gerade


Auf der Suche nach Nistmaterial und Futter


Balzende Wasseramseln

Und zum Schluss noch ein kleines Video




Canon RF 24-240MM F4-6.3 IS USM: Alleskönner oder Glasscherbe?

Knappe 1000 € kostet die von Canon als "Kreativ-Objektiv" beworbene Linse mit einem beeindruckenden Brennweitenbereich von 24 bis 240 mm und einer Lichtstärke von immerhin 4 bis 6.3. Ob man das Objektiv mit seinen 750 Gramm als leicht oder schwer empfindet, hängt natürlich von den individuellen Gewohnheiten ab. Das Gewicht meiner beiden „immer dabei“ L-Objektive (Brennweitenbereich 24-400 mm) beträgt knapp 2 kg, so dass das 24-240er für Wanderungen etc. schon eine verlockende Option darstellt, zumal dann auch noch der EF/RF-Konverter, den ich derzeit noch benötige, wegfällt. Es ist mittlerweile lange genug auf dem Markt (und, im Gegensatz zu anderen Canon -Objektven, auch verfügbar), so dass es im Internet jede Menge Testberichte darüber gibt. Die Beurteilungen sind überwiegend positiv und die Linse wird vor allem als Reiseobjektiv empfohlen; mich als Naturfotograf interessierte natürlich vor allem ihre Eignung in Feld, Wald und Flur.

Ich besitze das Objektiv mittlerweile seit einem halben Jahr und bin alles in allem sehr angetan davon. Hier möchte ich meine Eindrücke mitteilen.

Eines sei vorweggenommen: um eine möglichst gute Bildqualität zu erreichen, ist i.d.R. eine Nachbearbeitung am Computer erforderlich. Bekanntermaßen werden bei diesem Objektiv Bildfehler, die aufgrund der im Vergleich zu der L-Serie einfacheren Konstruktion unvermeidbar sind, bei der Bearbeitung bspw. in Canon DPP oder Adobe Lightroom über entsprechende Objektivprofile korrigiert. Für manch einen ist dies ein großes Manko, ich sehe darin eher Vorteile, wenn die Bildqualität optisch weniger aufwändiger und damit leichterer Objektive mittels digitaler Technik verbessert werden kann. Programme wie Topaz AI Denoise oder Topaz AI Sharpener gehen hier noch einen Schritt weiter, und es ist wirklich erstaunlich, was mit ihnen aus flauen, verrauschten und sogar unscharfen Bildern noch herausgeholt werden kann. In Verbindung mit dem RF 24-240 mm heben sie dessen Bildqualität auf ein deutlich höheres Niveau.

Landschaftsaufnahmen

Auf einer Fahrradtour durch das Große Lautertal auf der Schwäbischen Alb konnte ich das Objektiv das erste Mal ausführlicher testen. Der Morgen begann sehr neblig, doch mit schönen Lichtstimmungen durch die immer wieder durchbrechende Sonne, die sich mit dem Objektiv ohne Probleme einfangen ließen. Natürlich stellte das diffuse Licht auch keine größere Herausforderung dar, doch auch Gegenlichtsituationen wurden gut gemeistert. Mit der Zeit löste sich der Nebel auf und die Sonne ließ die Herbstfarben erstrahlen. Zusammen mit den weißen Jurafelsen ergaben sich starke Kontraste, doch auch hier versagte das Objektiv nicht.

Großes Lautertal
Brennweite 90 mm
Messmethode Multi-segment
ISO Äquivalent 250
Belichtungszeit 1/125s
Blende ƒ/8,0
Sonnenstrahlen
Brennweite 62 mm
Messmethode Multi-segment
ISO Äquivalent 160
Belichtungszeit 1/500s
Blende ƒ/5,6
Jurafelsen
Brennweite 100 mm
Messmethode Multi-segment
ISO Äquivalent 800
Belichtungszeit 1/125s
Blende ƒ/11,0

Auch bei weiteren Einsätzen in der Landschaftsfotografie war ich mit der Leistung des Objektivs zufrieden, der Aufwand in der Nachbearbeitung hielt sich in Grenzen und ließ sich i.d.R. mit den Bordmitteln aus Lightroom bewerkstelligen. Bei seitlichem Sonnenlichteinfall ist es allerdings sehr reflexanfällig; hier muss man sorgfältig arbeiten ggf. trotz Sonnenblende noch zusätzlich mit der Hand abschatten. Bei direktem Sonnenlicht hatte ich dagegen noch nie Probleme, wenngleich die Wiedergabe von Blendensternen nicht vergleichbar ist mit der von L-Objektiven.

Nebelstimmung
Brennweite 105 mm
Messmethode Multi-segment
ISO Äquivalent 160
Belichtungszeit 1/2000s
Blendeƒ/5,6
Belichtungskorrektur -1/2
Baumsilhouette
Brennweite 55 mm
Messmethode Multi-segment
ISO Äquivalent 160
Belichtungszeit 1/500s
Blende ƒ/11
Belichtungskorrektur 0
Abendlicht
Brennweite 123 mm
Messmethode Multi-segment
ISO Äquivalent 2500
Belichtungszeit 1/125s
Blende ƒ/11,0
Belichtungskorrektur 0

Pflanzen

Für Nahaufnahmen lässt sich die Linse ebenfalls sehr gut einsetzen, wobei natürlich das Freistellungsvermögen durch eine relativ kleine maximale Blendenöffnung bei längster Brennweite einschränkt ist. Andererseits sind aufgrund des geringen Gewichtes und dem Zusammenwirken der Bildstabilisatoren von Kamera und Objektiv sogar bei aktiviertem Focus-Bracketing Freihandaufnahmenin in einem weiten Bereich möglich. Möchte man allerdings die maximale Schärfe aus den Bildern herausholen, ist eine zusätzliche Bearbeitung z.B. in Topaz AI Sharpener erforderlich, je nach verwendeter ISO-Zahl eventuell auch noch eine vorherige Bildentrauschung. Damit sind allerdings qualitativ voll zufriedenstellende Nahaufnahmen möglich. Die Einsatzmöglichkeiten des Objektivs im Nahbereich lassen sich durch eine Nahlinse noch erweitern. Die gezeigten Aufnahmen entstanden alle ohne Verwendung eines Stativs



Gras mit Tautropfen (1)
Brennweite 240 mm
Messmethode Spot
ISO Äquivalent 400
Belichtungszeit 1/1000s
Blende ƒ/6,7
Fotostacking 5 Aufnahmen
Gras mit Tautropfen (2)
Brennweite 240 mm
Messmethode Spot
ISO Äquivalent 400
Belichtungszeit 1/500s
Blende ƒ/6,7
Fotostacking 5 Aufnahmen





Wilde Möhre
Brennweite 140 mm
Messmethode Mehrfeld
ISO Äquivalenti 500
Belichtungszeit 1/1000s
Blende ƒ/6,7
Fotostacking 5 Aufnahmen
Distel
Brennweite 178 mm
Messmethode Mehrfeld
ISO Äquivalent 200
Belichtungszeit 1/250s
Blende ƒ/6,7
Pflanze im Gegenlicht
Brennweite 178 mm
Messmethode Mehrfeld
ISO Äquivalent 320
Belichtungszeit 1/1000s
Blende ƒ/6,7


Tiere

Mit maximal 240 mm Brennweite und der fehlenden Möglichkeit, einen Extender anzuschließen, ist das Fotografieren von Vögeln oder Wildtieren wohl die Disziplin im Bereich der Naturfotografie, in der das Objektiv die größten Einschränkungen besitzt. Hinzu kommt ein gegenüber den L-Objektiven doch merklich schlechteres Reaktionsvermögen des Autofokus, der doch ab und zu am Objekt der Begierde vorbeifokussiert. Ist man jedoch dazu bereit, die Bilder in größerem Umfang digital nachzubearbeiten, lassen sich durchaus brauchbare Ergebnisse erzielen. Sollten sich also unerwartete faunistische Begegnungen ergeben, kann man durchaus versuchen, diese fotografisch festzuhalten. Meine Bearbeitungsschritte sehen dabei so aus, dass ich bei höherer ISO-Zahl die (in Lightroom unbearbeiteten Bilder) zunächst in Topaz AI Denoise entrausche und dann erst in Lightroom den Bildausschnitt festlege. Für eine Präsentation im Web ist dies zusammen mit einer Endbearbeitung in Lightroom i.d.R. ausreichend. Für einen Ausdruck skaliere ich das beschnittene Bild in Topaz AI Gigapixel hoch, schärfe in Topaz AI Sharpener nach und mache die Schlussbearbeitung wiederum in Lightroom. Die Bildausschnitte in den Beispielen haben ein Format von 20x30 cm bei einer Auflösung von 300 ppi.



Rotkehlchen
Brennweite 240 mm
Messmethode Mehrfeld
ISO Äquivalent 4000
Belichtungszeit 1/180s
Blende ƒ/6,7




Silberreiher
Brennweite 240 mm
Messmethode Mehrfeld
ISO Äquivalent 800
Belichtungszeit 1/250s
Blende ƒ/8,0

Fazit

So sehr ich meine L-Objektive schätze, das RF 24-240 mm macht mir bei den dafür vorgesehenen Einsatzzwecken großen Spaß. In Kombination mit dem schweren 500 mm Teleobjektiv dient es als leichte und kompakte Ergänzung für Nah- oder Landschaftsaufnahmen, auf die ich ansonsten verzichten müsste. Auch auf Fahrradtouren und größeren Wanderungen, bei denen mir die L-Objektive zu schwer sind, hat es sich als Universalobjektiv bestens bewährt, und bei entspannten Spaziergängen ohne konkretes Fotoziel findet es problemlos in einer kleinen Tasche Platz. In einem Forumsbeitrag meinte jemand, es sei ein Anachronismus, dieses Objektiv zusammen mit einer EOS R5 einzusetzen. Gegenüber der Alternative, die R5 daheim im Schrank liegen zu lassen, nehme ich diesen Anachronismus gerne in Kauf.

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